Kindertagesstätten können auch ohne GEMA

Manchmal ist es ganz schön unheimlich, den rechten Weg zu gehen. Manchmal muß man sich dafür sogar als Kirchenanhänger unter Piraten begeben. Denn manchmal findet man genau da die Ehrbareren.

Den Musikern Deutschlands, vertreten durch die GEMA, gefällt ihre Einnahmesituation nicht. Ich lasse hier mal bewußt offen, ob ihre Einnahmen wirklich unbefriedigend sind, und ob dies wirklich durch Musikpiraterie, also z. B. das illegale Herunterladen von Musik aus dem Internet verursacht wird. Aber: Um ihre Einnahmesituation zu verbessern, hat die GEMA beschlossen, den Hebel ausgerechnet bei den Schwächsten anzusetzen. Kindern.

In Kindertageseinrichtungen, hat die GEMA eruiert, werden Lieder gesungen! Und dabei, erklärt sie, werden manchmal Noten kopiert! Und wenn auch viele Kinderlieder längst aus den Urheberrechtsfristen entlassen sind, weil sie schon Generationen alt sind, so doch nicht alle. Da werden doch tatsächlich nicht nur „alle meine Entchen“ gesungen, sondern auch Rolf Zuckowski und Volker Rosin. Deshalb hat die GEMA beschlossen, daß Kitas GEMA-Gebühren zahlen sollen. 56 € plus Mehrwertsteuer bitteschön, pro Kita. Bei 50.299 Einrichtungen kämen da glatt 2,8 Millionen zusammen.

Ein paar Dinge wurden dabei wohl übersehen: Kitas sind notorisch klamm, sind in bürokratischen Dingen ungeschult und meinen es nur gut. Kitas sind hervorragende Multiplikatoren: wenn in einer Kita einmal „Das Kamel tanzt gern Cha-Cha-Cha“ gesungen wird, gehen gleich 20 Elternpaare auf Druck der Heranwachsenden die CD kaufen (Folge: Volker Rosin kassiert mit einem Grinsen so breit, daß es kaum in den Raum paßt, die „Goldene CD“ dafür).

Werden also unsere Kinder in Zukunft nicht mehr singen dürfen? Dafür, daß es nicht so weit kommt, setzen sich ausgerechnet die scheinbar bösen Piraten ein: Der gemeinnützige Verein Musikpiraten e. V. (mindestens im Herzen tatsächlich mit der Piratenpartei verwandt, die ja auch eine lupenreine demokratische Organisation ist) wird ein Liederbuch mit gemeinfreien Kinderliedern veröffentlichen und will es allen fünfzigtausend Kindertagseinrichtungen kostenlos zur Verfügung stellen. Für diese tolle Idee werden Spenden gesammelt. Beschämend, daß es unserer Spenden und der Hilfe der Piraten bedarf, um unsere Kinder vom Erpressungsdruck der GEMA freizukaufen.

Ob Volker Rosin klar ist, wie ähnlich seine "Kids on Stage" den Musikpiraten e. V. sind?

Mir will auch nicht recht in den Kopf, daß die GEMA dabei wirklich im Sinne ihrer Mitglieder, der Künstler, handeln soll. Beispielsweise der hier exemplarisch genannte Volker Rosin ist so, wie ich ihn wahrnehme, ein sehr netter und kinderlieber Mensch, der sich sozial engagiert (und der außerdem genau weiß, wie man sich gute Presse verschafft), er paßt überhaupt nicht zum Bild einer Organisation, die Kinder auspreßt, um zu Geld zu kommen.

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2 Antworten zu Kindertagesstätten können auch ohne GEMA

  1. Thomas Arbs sagt:

    Volker Rosin hat übrigens gerade über Facebook mitgeteilt, daß demnächst „alle Texte von mir zum privaten Gebrauch, und zur Verwendung in pädagogischen Einrichtungen, kostenlos heruntergeladen werden können.“ Er ist anscheinend nicht glücklich über die Organisation, die ihn vertritt: „Die GEMA hat da auf dem Rücken der Kinderliedermacher großen Schaden angerichtet, den wir jetzt ausbaden müssen.“ Ähnlich denkt auch der Liedermacher Donikkl.

  2. Thomas Arbs sagt:

    Das Thema ist weiterhin aktuell, auch und gerade in der Weihnachtszeit. Internet-Urgestein Lutz Donnerhacke hat dazu mal bei der Ev. Kirche Lobeda geschrieben, und in den Kommentaren prompt den Unmut eines GEMA-Sprechers auf sich gezogen: Wer bezahlt die Weihnachtslieder?

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